Technik
Politik will Sonntagsarbeit in Callcentern verbieten
GDN -
Deutsche Verbraucher müssen sich darauf einstellen, dass Hotlines künftig deutlich seltener an Sonntagen erreichbar sein werden: Die Politik arbeitet derzeit an einem deutschlandweiten Verbot der Sonntagsarbeit in Callcentern, berichtet die "Welt am Sonntag". Experten von Bund und Ländern tüfteln demnach derzeit an einem Vorschlag, wie ein entsprechendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem vergangenen Jahr umgesetzt werden soll, bestätigte die federführende Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz von Hamburg gegenüber der Zeitung.
Auf Grundlage des Vorschlags soll die Arbeitsministerkonferenz der Länder im November Beschlüsse fassen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Ende vergangenen Jahres eine Verordnung des Landes Hessen für rechtswidrig erklärt, mit der Sonntagsarbeit in Callcentern generell erlaubt worden war. Quasi alle Bundesländer haben nahezu gleich lautende Verordnungen. Auch diese wären nichtig, sobald dagegen geklagt würde. Solche Klagen hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bereits angekündigt. Die Länder haben damit kaum eine andere Wahl, als dem Verwaltungsgerichtsurteil zu folgen. Wie die "Welt am Sonntag" aus informierten Kreisen erfuhr, sollen nach den derzeitigen Plänen der Länder voraussichtlich die Hotlines von Online-Shops nicht mehr am Sonntag arbeiten können. Es gilt auch als unwahrscheinlich, dass Fluggesellschaften, Versicherungen, Telekomfirmen oder Direktbanken weiter am Sonntag Callcenter in Deutschland betreiben dürfen. Künftig dürften wohl nur Notfall-Hotlines wie Kartensperr-Dienste oder Ärzte-Auskünfte sonntags arbeiten. Länder dürfen Sonntagsarbeit nur erlauben, um ein "besonders hervortretendes Bedürfnis der Bevölkerung zu befriedigen". Das Gericht hatte sinngemäß argumentiert, dies sei bei telefonischem Kundenservice nicht der Fall, weil die Kunden die Hotline für Bestellungen, Beratungen oder Beschwerden auch unter der Woche anrufen könnten. Die Online-Shopping-Branche warnte vor einer Verlagerung von Callcenter-Dienstleistungen ins Ausland. "Der Sonntag ist für unsere Firmen der umsatzstärkste Tag der Woche", sagte Sebastian Schulz vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) der "Welt am Sonntag". "Wenn das Verbot deutschlandweit kommt, dann werden viele den Kundenservice auslagern, womöglich auch für den Rest der Woche." Deutschsprachige Callcenter gibt es neben Österreich und der Schweiz auch in Ländern mit deutschsprachigen Minderheiten wie Ungarn und Rumänien sowie in Ländern mit vielen Deutschland-Rückkehrern wie dem Kosovo und der Türkei. Allerdings sind deutschsprachige Auslands-Callcenter trotz Kostenvorteilen eine Nische geblieben, weil in der Branche nach leidvollen Erfahrungen als Konsens gilt, dass im Ausland kaum derselbe Standard gewährleistet werden kann wie in Deutschland. Es ist damit kaum zu erwarten, dass bei einem Sonntagsarbeits-Verbot der Kundenservice auf dem heutigen Niveau aufrecht erhalten werden kann.
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