Entertaiment
Von olympischen Göttern, Anstecknadeln und Zahnpasta
Dieter Baumanns Sport-Kabarett
Dieter Baumann gastierte in Kassel (Quelle: heldmann-images)
GDN -
Einst Olympiasieger (1992) über 5000 Meter und Europameister, heute erfolgreicher Kabarettist mit Themen rund um das Laufen, das ist Dieter Baumann. Zurzeit tourt er mit seinem neuen Programm “Die Götter und Qlympia“ durch Deutschland, am Donnerstag trat er in Kassel auf.
“Wie kann man ohne Qualen schneller Marathon laufen?“ fragte einer der Gäste in der Kasseler Szene-Kneipe “Joe´s Garage“, wo Dieter Baumann anlässlich des bevorstehenden Marathons mit seinem aktuellen Programm auftrat. Der Kabarettist überlegte kurz, zog die Schublade seines Requisitentisches auf und überreichte dem Fragesteller mit den Worten: “Mit Elmex!“ eine Tube Zahnpasta. Ob die von der IAAF vor nunmehr 15 Jahren ausgesprochene Dopingsperre noch an dem Läufer Dieter Baumann nagt, lässt sich von außen schwer beurteilen, der Kabarettist Baumann jedenfalls hat das Thema der manipulierten Zahnpastatube zu einem Running Gag seines abendfüllenden Programms gemacht.
Die aus Anlass dieses ganz speziellen Abends extra zum rauchfreien Lokal erklärte “Garage“ war durchweg mit Läufern und am Laufsport interessierten Menschen gefüllt. Nur einer gab sich unumwunden als Nichtläufer zu erkennen: Carsten Bischoff, Mitinhaber der Rockkneipe. Ihm empfahl Baumann mit der Ausdauerübung eines Diskuswerfers zu beginnen, nämlich 200 Doppelschritte. “Karsten, jeder kann zum Läufer werden“, motivierte er - aber in diesem Fall wohl mit eher zweifelhaften Erfolg. Dirk van Werf, der andere Garagen-Chef, musste dagegen nicht mehr überzeugt werden. Er ist schon längst nicht nur als Sponsor sondern auch aktiv beim Kassel Marathon dabei. “Ich bin sehr stolz, dass wir Dieter Baumann verpflichten konnten und den Lauffreunden und Marathon-Fans in Nordhessen einen tollen Abend bieten können.“ Dieser Wunsch Dirks ging in Erfüllung, darauf ließ der anhaltende Beifall nach einer Schau in Marathon-Distanz (fast drei Stunden) schließen.
Dieter Baumann hat nicht nur die Fähigkeit zur Selbstironie, sondern auch ein Talent, das Publikum in den Abend einzubeziehen. Ute, Kai, Karsten und andere kürte er zu Akteuren des Abends, ohne dass der Spaß jedoch auf deren Kosten gegangen wäre. Überhaupt scheint Baumann ein ausgesprochen kommunikationsfreudiger Mensch zu sein, nicht nur auf der Bühne. “Ich freue mich, erkannt zu werden“, leitete er eine Episode ein, in der er lebhaft ein Gespräch aus dem ICE schilderte, bei dem ihm sein Gegenüber (“Sagen Sie nichts “¦ ich kenne Sie!“) eindeutig als “¦ Frank Busemann identifizierte.
Neben solchen humorvollen Geschichten - etwa der ausführlichen Schilderung, warum “ich in meiner nächsten Karriere Luftpistolenschütze werde“ - und sehr gelungenen Parodien eines Kugelstoßers oder des vollkomprimierten und technisch ausgerüsteten Vorderfußläufers - gab es aber auch politisches Kabarett vom Besten. Dem Motto des Programms gemäß, holte Dieter Baumann die olympischen Götter auf den harten Boden des (Sportler-)Lebens zurück und konfrontierte die “ehrenamtlichen Funktionäre mit einer Aufwandsentschädigung von 2000 Dollars am Tag“ mit der Realität des Leichtathleten und dessen “vier Sponsoren - Papa, Mama, Oma und Opa“. Seine Sorge mündete in dem Satz: “Ich will nicht, dass der olympische Geist den Bach runtergeht!“
Lebenshilfe für Läufer gab es einige, auch jenseits von Zahnpastabenutzung. Winfried Aufenanger, Organisationschef des in drei Wochen stattfindenden E.ON Kassel Marathons, dürfte allerdings wenig erfreut gewesen sein über die Antwort auf die Frage, ob Marathonlaufen gesund sei, beklagt er doch, dass sich trotz absehbaren neuen Teilnehmerrekords erst 500 Sportler für die 42,195 Kilometerdistanz angemeldet haben. Dieter Baumann, vielleicht geprägt durch seinen Ausstieg beim Hamburg Marathon 2002 (auf die Frage von Armin: “Wie hast du dich gefühlt, als ich dich in Hamburg bei Kilometer 35 überholt habe?“ - “War das bevor ich gekotzt habe oder danach?“), meinte zum Gesundheitsaspekt des Marathonwettbewerbs: “Du hast dich zum Marathon angemeldet, du hast trainiert, du bist fit, du hast dein Gewicht gehalten. Und zwei Tage vor dem Wettbewerb sagst du ab - dann ist Marathon gesund!“ Peter im Publikum mit 123 erfolgreich absoluten Marathons hätte wohl eine andere Antwort gegeben. Aber auch der Widerspruch gehört zum Kabarett dazu wie der Humor. Doch in einem waren sich (fast, nicht wahr Carsten?) alle einig, am nächsten Tag würde man sich irgendwo rund um Kassel laufend oder walkend begegnen, und dann heißt es wieder: “Das war doch der Baumann!“
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