Reisen
EU will Entschädigungsansprüche von Bahnkunden einschränken
GDN -
Die EU-Kommission stößt mit Plänen, die Entschädigungsansprüche von Bahnkunden einzuschränken, auf heftigen Widerstand im EU-Parlament und bei Verbraucherschützern. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warnt nach einem Bericht der Funke-Mediengruppe vor einer "massiven Absenkung des Verbraucherschutzniveaus" für Fahrgäste und fordert einen Verzicht auf die Regelung.
Wie die Funke-Zeitungen berichten, will die EU-Kommission mit einer Novelle der Verordnung zu Fahrgastrechten im Eisenbahnverkehr auch eine Klausel zur höheren Gewalt bei Zugverspätungen und Zugausfällen einführen: Danach wären Eisenbahnunternehmen künftig von Schadenersatzansprüchen bei Verspätungen befreit, wenn diese durch "schlechte Witterungsbedingungen oder große Naturkatastrophen" verursacht wurden. Bislang gilt die Schadenersatzpflicht der Bahnen - anders als im Flug- und Busverkehr - auch in Fällen höherer Gewalt, wie der Europäische Gerichtshof 2013 bestätigt hatte. Die Kommission sieht die Pläne, die am Dienstagabend im Rat der EU-Verkehrsminister in Brüssel behandelt wurden, als fairen Interessenausgleich, um die Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger anzugleichen. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagte dagegen den Funke-Zeitungen: "Was die Kommission macht, geht zu weit. Wir haben eine funktionierende Entschädigungsregelung, dabei sollte man es belassen." Der Verkehrsexperte der Grünen im Europaparlament, Michael Cramer, sagte: "Den Bahnreisenden droht ein massiver Rückschritt, das ist nicht tragbar." Die Bahnunternehmen dürften nicht aus der Verantwortung gelassen werden, das zeigten die tagelangen Auswirkungen der Herbststürme auf den Betrieb der Deutschen Bahn. Die Verkehrsexpertin des Verbraucherzentralen-Bundesverbands, Marion Jungbluth, erklärte, bislang hätten Kunden recht unkompliziert Entschädigungsansprüche durchsetzen können. Doch künftig drohe Rechtsunsicherheit, denn was schlechte Witterungsbedingungen ausmache, sei nicht definiert und liege im Ermessen des Eisenbahnunternehmens. In einem Gutachten des Verbandes, das den Funke-Zeitungen vorliegt, heißt es: Es sei zu befürchten, dass die Unternehmen von den Ausnahmen auch in nicht berechtigten Fällen Gebrauch machen würden - die Kunden müssten das Gegenteil beweisen. Wollten Verbraucher die Entscheidung des Anbieters in Frage stellen, müssten sie vor Gericht ziehen, sagte Jungbluth: "Die pauschale Entschädigung muss beibehalten werden", forderte sie für den Verband. Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn sagte den FUNKE- Zeitungen: "Eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen von Bahn, Bus und Flugzeug ist zwar zu begrüßen - es war immer ein Ärgernis, dass Bus und Flugzeug bei Fällen von höherer Gewalt nicht zahlen müssen." Aber so wie der Vorschlag ausgestaltet sei, liege die Kommission inhaltlich daneben. "Das geht in die völlig falsche Richtung, das ist nicht im Sinne der Verbraucher." Die Bundesregierung hat noch keine offizielle Position zu dem Vorstoß. Man sei ganz am Anfang der Diskussion, hieß es in Regierungskreisen. Eine EU-Verordnung schreibt vor, dass ab 60 Minuten Verspätung am Zielbahnhof Bahnunternehmen 25 Prozent des gezahlten Fahrpreises erstatten müssen, ab 120 Minuten Verspätung gibt es 50 Prozent zurück.
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