Vermischtes
Bürgermut statt Bürgerwut 4. Bundeskongress für Zivilcourage
4. Bundeskongress für Zivilcourage
GDN -
Am 24. März wird in Berlin der 4. Bundeskongress für Zivilcourage eröffnet. Die Veranstalter wollen ein politisches Zeichen setzen, auf Gewalt in vielen Bereichen der Gesellschaft aufmerksam machen und Gegenstrategien diskutieren.
“Ditt is Balin.“
Mein Bus neulich war nur mäßig gefüllt, ich hätte mich irgendwo setzen können. Doch nein, mein Tablet in der Hand, einen Artikel lesend, musste ich mich natürlich auf den falschen Platz stellen, dort wo das blaue Logo mit Rollstuhl und Kinderwagen klebte. War ja auch einfach.Zwei Haltestellen weiter wurde es voll. Heftig wurde ich von hinten weggeschoben. Mit einem Kinderwagen. Drei mal schubste der Schieber des Gefährts gegen meine Tasche. Ich konnte nur nicht sofort ausweichen, denn auch von vorn strömten Menschen in den Bus.
Nicht lange und ich bekam das Angebot einer Faust ins Gesicht. Ich lehnte dankend ab und drängte mich zwischen die Leute, die immer noch einstiegen. Es dauerte gefühlte zehn Minuten, bis der Typ mit dem Kind wieder runter kam. Als seine Begleiterin eher hilflos versuchte, ihn zu beruhigen,, schrie er auch sie an. Das einzige Wort, das aus dem hochroten Gesicht kam war “Kinderwagenplatz“. Zwei ältere Frauen verzogen sich verängstigt in den hinteren Teil des Buses. Die anderen Fahrgäste schauten demonstrativ aus dem Fenster. “Ditt is Balin.“
Gewalt hat viele Aspekte
Gewalt hat viele Aspekte. Viel zu viele. Medien nehmen meist nur die große, sichtbare Gewalt wahr. Morde auf der Straße, Auseinandersetzungen zwischen Fans und Polizei, Amokläufe. Aber neben diesen Spitzen gibt es die nicht sichtbare Gewalt. Man erlebt sie in der U-Bahn, am Arbeitsplatz, zu Hause. Wer die ganze Dimension der Gewalt erfassen will, muss sehr weit über die Polizeistatistik hinausdenken.Sich schützen, eingreifen, deeskalieren ist nicht immer einfach. Die meisten von uns haben keine Handlungsmuster zum Umgang mit Gewalt erlernt. Viele können sich nicht einmal effektiv selbst verteidigen oder z.B. vor Mobbing schützen. Zivilcourage haben ist das eine, sie leben zu können und dabei selbst sicher zu sein, ist das andere.
Bürgermut statt Bürgerwut
Genau hier setzt am 24. und 25. März in Berlin der 4. Bundeskongress für Zivilcourage an. Unter der Federführung der Guiseppe Marcone Stiftung und des Bundesnetzwerk Zivilcourage treffen sich Wissenschaftler, Polizeibeamte, Praktiker und Betroffene um von einander zu lernen und an Wegen zu einer funktionierenden Zivilgesellschaft zu arbeiten. Ihr Motto: Bürgermut statt Bürgerwut.
Mit dabei sind zum Beispiel Dr. Jonas Rees, Psychologe am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld, die Politologin Annegret Falter, die an Zivilcourage am Arbeitsplatz und Whistleblowing arbeitet oder Mobbing-Forscher Prof. Dr. Jan Pfetsch, Mitarbeiter im Bereich Pädagogische Psychologie am Institut für Erziehungswissenschaft der TU Berlin. Praktiker, wie die Beziehungscoach und Autorin Jeanette Hagen oder Gewaltmanagment-Trainer Chaska Stern sollen für anwendungsbezogene Inhalte in Vorträgen, Diskussionen und Workshops sorgen.
Ich hatte mich von dem Kinderwagenschieber im Bus nicht verunsichert gefühlt. Unter Verlust meines Tablets hätte ich mich körperlich durchaus wehren können. Und natürlich war das Kind im Wagen zu klein, um den Ablauf zu verstehen. Aber das Signal seines Vaters war eindeutig. Und eindeutig falsch. Die flüchtenden Rentnerinnen haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Richtige getan. Aber all die Weggucker taten das sicher nicht mit einem guten Gefühl. Denen zu helfen und ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem Gewalt kein Mittel der Auseinandersetzung sein braucht, ist das erklärte Ziel der Initiatoren der Kongresses.
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