Vermischtes
Bericht: Polizei befasste sich über ein Jahr mit Berliner Attentäter
GDN -
Terror-Fahnder haben sich offenbar mindestens dreizehn Monate lang in zahlreichen Gremien mit der Frage beschäftigt, wie gefährlich der Berliner Attentäter Anis Amri war: Am Ende hätten sie das von dem Tunesier ausgehende Risiko unterschätzt, berichten "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR unter Berufung auf Unterlagen des Staatsschutzes. Amri war bei den Behörden seit dem 17. Februar 2016 als "Gefährder" eingestuft: Die zahlreichen Hinweise stammten von einer wichtigen Quelle, die von der Polizei in NRW in die Islamistenszene an Rhein und Ruhr eingeschleust worden war, berichten die drei Medien.
Sie kamen demnach vom marokkanischen Inlandsgeheimdienst DST und waren das Ergebnis von Auswertungen seines im Februar vergangenen Jahres sichergestellten Handys. Die Auswertung habe ergeben, dass Amri auf einer islamistischen Webseite gesurft und nach Anleitungen zum Bau von Rohrbomben gesucht hatte. Er hatte am 2. Februar 2016 in Kontakt mit mutmaßlichen Mitgliedern des "Islamischen Staates" (IS) gestanden und sich offenbar als Selbstmordattentäter angeboten, schreiben SZ, NDR und WDR weiter. Die Prognosen über seine Gefährlichkeit seien zwar all die Monate unterschiedlich ausgefallen, aber die Behörden seien davon ausgegangen, dass er keinen Anschlag begehen werde. Dabei hatte das Landeskriminalamt Düsseldorf den drei Medien zufolge den Sicherheitsbehörden am 17. Februar mitgeteilt: "Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass Amri seine Anschlagsplanungen ausdauernd und langfristig verfolgen wird." Die vielleicht größte Chance, Amri rechtzeitig zu stoppen, sei im Juli 2016 auf einer zweitägigen Sitzung im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) vertan worden, berichten SZ, NDR und WDR weiter. Eine Arbeitsgruppe habe sich damals mit der Möglichkeit der sofortigen Abschiebung des Tunesiers beschäftigt. Gegen Amri sollte nach Überlegungen des Landeskriminalamts Berlin eine Abschiebungsanordnung nach Paragraf 58 a des Aufenthaltsgesetzes erlassen werden, heißt es in dem Bericht weiter. Voraussetzung sei, dass eine "auf Tatsachen gestützte Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr" für die Sicherheit der Bundesrepublik vorliegt. Die Runde sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine "akute Gefährdungslage derzeit nicht in gerichtsverwertbarer Form" vorliege. Der Weg über den Paragraf 58 a wurde sei fallengelassen worden.
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