Technik
Neue Behörde "Zitis" soll Verschlüsselungen knacken
GDN -
Die Bundesregierung plant eine neue Sicherheitsbehörde, die Techniken für die Überwachung des Internets und von Messenger-Diensten entwickeln soll. Entsprechende Pläne stellten nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR zwei Staatssekretäre aus dem Bundesinnenministerium und das Kanzleramt am Donnerstag Abgeordneten der großen Koalition vor.
Demnach soll eine neue "Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich", kurz Zitis, im kommenden Jahr ihre Arbeit aufnehmen. Sie soll Strafverfolgern und Staatsschützern helfen, verschlüsselte Botschaften im Netz mitzulesen. Gesucht werden vor allem IT-Spezialisten. Bis zum Jahr 2022 soll die Behörde 400 Mitarbeiter beschäftigen. Für das kommende Jahr ist ein Budget im niedrigen zweistelligen Millionenbereich geplant. Die Entscheidung zum Aufbau von Zitis fiel nach monatelanger interner Diskussion. Zuvor hatten Polizei und Nachrichtendienste die Bundesregierung gewarnt: Weil immer mehr App-Anbieter oder Telefonhersteller wie Apple inzwischen serienmäßig Verschlüsselungssysteme verwendeten oder einbauten, gingen auch richterlich angeordnete Überwachungsmaßnahmen der Sicherheitsbehörden ins Leere. Tatsächlich haben viele Telekommunikationskonzerne auf die Enthüllungen des US-Whistleblowers Edward Snowden mit neuen Verschlüsselungssystemen reagiert, um den schrankenlosen Zugriff der Geheimdienste zu beenden. In vielen Staaten wird seither darüber debattiert, ob den Betreibern oder Herstellern eine gesetzliche Pflicht auferlegt werden soll, verschlüsselte Inhalte zugänglich zu machen oder für Polizei und Nachrichtendienste sogenannte "Hintertüren" in die Geräte zu installieren. In den USA ist es zwischen Apple und der Bundespolizei FBI unlängst sogar zu einem Grundsatzstreit gekommen: Apple weigerte sich, den Strafverfolgern das Mobiltelefon des Attentäters von San Bernardino zugänglich zu machen. Das FBI besorgte sich dann aus anderer Quelle eine Software, um das iPhone auszulesen. Im US-Kongress liegt nun ein Gesetzentwurf, der Technikkonzerne dazu verpflichten würde, dem Staat in solchen Fällen zu helfen. Ob dieses Gesetz je verabschiedet wird, ist aber ungewiss. In der Bundesregierung hat man sich nun offenbar gegen eine solche Lösung entschieden. Statt Firmen zur Kooperation zu verpflichten, soll Zitis den Staat selbst in die Lage versetzen, abhören und mitlesen zu können. Zitis soll die Techniken dann Bundespolizei, Bundeskriminalamt und dem Bundesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung stellen. Auch Bundesländer sollen sich an Zitis wenden können. Die Überwachungen selbst soll das Amt dagegen nicht übernehmen. Die Pläne ähneln einem Vorschlag, den 2008 der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble prüfte. Im vergangenen Jahr hatte der Spiegel über neue Überlegungen der Bundesregierung berichtet.
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