Musik
The Baseballs - Live in Baunatal
Eine generationsübergreifende Party
(Quelle: Mario Graß)
Einige der überwiegend weiblichen Fans - manche von ihnen mit Petticoat und Schleife im Haar im 50er-Jahre Stil herausgeputzt - haben bereits seit Stunden vor der Baunataler Stadthalle ausgeharrt, um den “Baseballs“ bei deren Auftritt möglichst nahe zu sein. Unter entsprechend lautem Jubel betreten die drei smarten Jungs, zunächst noch verdeckt durch drei Leinwände, die sich zu den Klängen von “Let it go“ langsam zu Boden senken, die Bühne. Als Basti, Digger und Sam endlich zum Vorschein kommen, ertönt ein durchdringendes Kreischkonzert aus den ersten Reihen durch den Saal.
Seit ihrem blitzartigen Aufstieg vor einigen Jahren haben die Echo-Preisträger insbesondere die Herzen der weiblichen Teenies - hierzulande, aber auch im europäischen Ausland - im Sturm erobert. Doch vor allem im hinteren Teil der Halle finden sich auch zahlreiche Zuschauer höheren Alters, die möglicherweise bei den Rockabillynummern der Baseballs in Jugenderinnerungen schwelgen möchten, ein, sodass sich das Konzert erfreulicherweise zu einer generationsübergreifenden Party entwickelt.
Dem bunt gemischten Publikum bieten die Musiker, die mit ihrem Charme die Besucher von der ersten Minute an fest im Griff haben, eine unterhaltsame, oft witzige Show. Stets gelingt es ihnen Nähe zu ihren Fans herzustellen, indem sie diese - und dabei schließen sie auch “die Krawattenträger dahinten“, rund um den anwesenden Baunataler Bürgermeister, ausdrücklich mit ein - fortwährend direkt ansprechen und deren Aktivität, beispielsweise bei einem gemeinsamen Workout, einfordern.
Entgegen der musikalischen Weiterentwicklung auf ihrer aktuellen CD “Game Day“, die erstmals zahlreiche Eigenkompositionen enthält, stützen sich die Musiker live weiterhin vorrangig auf Coverversionen bekannter Hits und bedienen sich hierbei aus dem Fundus unterschiedlichster Genres. Während die Entscheidung einen Song wie “Angels“ von Robbie Williams neu zu arrangieren noch als naheliegend, um nicht zu sagen mäßig originell, gelten kann, überrascht es schon eher, dass auch eine Elektro-Pop-Nummer wie Lordes “Royals“ im klassischen 50er-Jahre-Rock`n`Roll-Gewand funktioniert.
Ist man kein passionierter Fan dieser Musikrichtung, kann es auf Dauer jedoch auch etwas ermüden, all diese unterschiedlichen Stücke in ähnlichem Gewand dargeboten zu bekommen. Oftmals wird den ausgewählten Songs, durch das Glätten von Ecken und Kanten, das Individuelle, das Einzigartige genommen und es entstehen seichte, das Massenpublikum ansprechende Interpretationen. Wer jedoch einfach Spaß haben und mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht feiern und tanzen will, ist bei einem Baseballs-Konzert sicherlich gut aufgehoben.
Überdies gelingt es vereinzelt sogar, einem Song eine verblüffende Veredelung zu verleihen. So entsteht ein überaus bemerkenswerter Moment, als sich gegen Mitte des Konzertes sämtliche Musiker um ein, stimmungsvoll mit Kerzen erleuchtetes, Klavier versammeln und das hierzulande durch David Hasselhoff bekannt gewordene, zuvor jedoch bereits von Marc Seaberg und Tony Marshall interpretierte, äußerst banale “Looking for Freedom“ in einen vielstimmigen Gospelsong verwandeln, bei dem auch die gesanglichen Möglichkeiten der Beteiligten überzeugen können.
Nach “What you want“, bei dem sich die Musiker unmittelbar am Bühnenrand zum “ersten deutschen Ukulelenorchester“ formieren, wird mit Michael Jacksons “Bad“, bei dem insbesondere die Rhythmusabteilung der “Baseball-Band“ zu überzeugen weiß, das Tempo erneut mächtig angezogen. Beim Instrumentalstück “Beep Bop“ darf dann die, über den gesamten Abend souverän aufspielende Begleitband, allesamt großartige Musiker, das Rampenlicht verdientermaßen alleine genießen.
Bei “The Look“ (Roxette), “Born This Way“ (Lady Gaga) und “Umbrella“ (Rhianna) erreicht die, ohnehin über den gesamten Abend hinweg, großartige Stimmung ihren absoluten Höhepunkt. Es wird getanzt, gesungen, geklatscht und wild gesprungen. Auch die besagten “Krawattenträger“ haben sich mittlerweile von ihren Sitzen erhoben und wippen zum Rhythmus der Musik.
Ein Herr im gesetzteren Alter, der sich beim Tanzen und Springen eher zurückhält, brüllt mir mittlerweile nach jedem Song lauter und leidenschaftlicher ins Ohr: “Haaaaammergeil!!“ Und als die Band sich von ihrem begeisterten Publikum verabschiedet, deutet er lächelnd zur Bühne und fügt, erkennbar stolz auf seine Generation, wissend hinzu: “Das haben die alles von uns abgeguckt!“
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