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Deutsche Bahn hält trotz Kostenexplosion an Stuttgart 21 fest
GDN -
Obwohl das Schienenprojekt Stuttgart 21 erneut deutlich teurer wird als veranschlagt, hält die Deutsche Bahn am Ausbau des Bahnknotens in der Landeshauptstadt von Baden-Württemberg fest. "Ein Ausstieg ist ausgeschlossen. Die Kosten, die uns dann entstünden, wären am Ende höher als die jüngste erwartete Kostensteigerung", sagte ein Bahnmanager der "Welt".
Nach neuesten Berechnungen wird mit deutlichen Kostensteigerungen bei dem Großvorhaben gerechnet, das zuletzt mit rund 4,5 Milliarden Euro veranschlagt war. Es sei davon auszugehen, dass drastische Mehrkosten anfielen, hießt es in unternehmensnahen Kreisen. "Wenn es bei einer Milliarde Euro bleibt, können alle Beteiligten froh sein". Zuvor hatte die "Bild am Sonntag" über eine Kostenexplosion von bis zu einer Milliarde Euro berichtet. Gründe dafür sind laut Informationen der "Welt" Nachforderungen der Landesregierung, Fehlplanungen und unerwartete Probleme bei den Arbeiten. "Vor allem aber zu optimistische Annahmen seitens der Projektplanung und fehlende Puffer - schlicht krasse Fehlplanung", heißt es in gut informierten Kreisen. So würden bereits jetzt beteiligte Firmen Nachforderungen stellen, vor allem die Schienenanbindung samt Bahnhof am Stuttgarter Flughafen habe die Kosten erneut drastisch nach oben getrieben. Allerdings sei ein Projekt mit 60 Kilometern Tunnel und mehreren Bahnhöfen auch ohne Beispiel. "Angesicht der neuen Probleme bei Stuttgart 21 wird die Vertragsverlängerung von Bahnchef Rüdiger Grube, die auf der nächsten Sitzung beschlossen werden soll, ein heißer Ritt", heißt es im Umfeld des Aufsichtsrates. Das Kontrollgremium kommt am 12. Dezember zu seiner turnusmäßigen Sitzung zusammen, dort sollen die Kontrolleure über die Kostensteigerung bei der die Neugestaltung des Bahnknotens samt der geplanten Tieferlegung des Hauptbahnhofs informiert werden. Die Angelegenheit wird im Konzern als so brisant eingestuft, dass den Kontrolleuren diesmal anders als üblich zur Vorbereitungen der Sitzung keine Unterlagen zugegangen sind, in denen Stuttgart 21 eine Rolle spielt. Es sollte vorab nichts nach außen dringen. "Vor allem Technik- und Netzvorstand Volker Kefer steht stark unter Beschuss. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ihn diese erneute Kostensteigerung das Amt kosten wird", sagt eine mit den Vorgängen vertraute Person. Volker Kefer ist zuständig für Technik, Netz, Bahnhöfe und alle Bauprojekte wie Stuttgart 21. Kefers Vorgänger Stefan Garber war bereits über das stark umstrittene Bahnprojekt in der baden-württembergischen Landeshauptstadt gestolpert. Es ist nun damit zu rechnen, dass Stuttgart 21 in den kommenden Jahren von einer Prozesswelle begleitet wird. Denn die Bahn hält an Stuttgart 21 ohne Abstriche fest. Intern geht man in Konzern davon aus, dass sie bei einem Ausstieg bis zu zwei Milliarden Euro aufwenden müsste - und dann noch nicht mal einen neuen Bahnhof hätte. Der DB-Konzern ist für Stuttgart 21 umfangreich in Vorleistung gegangen, zunächst was die Planung angeht. Vor allem aber würde ein Ausstieg zahlreiche Schadenersatzforderungen von bereits mit Bauleistungen beauftragten Unternehmen angeht. Das Gros der Bauaufträge, für Tunnel oder den Bahnhof selbst wurde bereits vergeben. Die Bahn muss sich darauf einstellen, dass die fraglichen Unternehmen ihre Aufwendungen geltend machen. "Es ist absolut realistisch, dass die Bahn bei einem Ausstieg auf rund einer Milliarde Euro sitzen bleibt", relativiert ein unabhängiger Fachmann, der mit dem Projekt betraut war, die Zahlen der Bahn. Denn bei der Frage, wer die Mehrkosten und die Kosten trägt, sollte das Projekt beerdigt werden, hat die Bahn schlechte Karten. In der Finanzierungsvereinbarung der Projektbeteiligten vom 30. März 2009, ist zwar detailliert ausgehandelt, wer welche Kosten und Mehrkosten schultern muss, allerdings nur bis zur einer Grenze, die längst gesprengt ist. Für den Fall jenseits dessen heißt es lapidar in Paragraf 8 (4): "Im Falle weiterer Kostensteigerungen nehmen die Bahn und das Land Gespräche auf." Und die Grünen in Stuttgart haben schon signalisiert, dass sie nicht gesprächsbereit sind.
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