Technik
Schaar kritisiert Reaktion der Bundesregierung auf NSA-Skandal
GDN -
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, hat in der "Berliner Zeitung" (Freitag-Ausgabe) umfassende Kritik am Umgang der Bundesregierung mit dem NSA-Skandal geübt. Mit Blick auf Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) erklärte er: "Wie Herr Pofalla zu sagen, die deutschen Nachrichtendienste hielten zu 100 Prozent den Datenschutz ein, ist sehr mutig. Wenn Sie meine Tätigkeitsberichte lesen, werden Sie feststellen, dass da auch nicht alles zu 100 Prozent datenschutzkonform gelaufen ist." Überdies tauschten in- und ausländische Nachrichtendienste ihre Informationen offenbar aus.
Es bestehe der begründete Verdacht, dass "auf diese Weise unsere Grundrechte ausgehebelt werden". "Die Bezeichnung Massenüberwachung ist hier sicherlich nicht übertrieben", betonte Schaar, "selbst wenn es bei uns eine gesetzliche Begrenzung auf 20 Prozent der Übertragungskapazität gibt." Es gebe "nach wie vor großen Klärungsbedarf". Und es sei falsch, dass nur das Parlamentarische Kontrollgremium informiert werde. "Wir brauchen mehr Transparenz – nicht nur gegenüber Geheimgremien, sondern in der Öffentlichkeit. Denn nur so kann in der politischen Debatte bewertet werden, welchen Umfang die Überwachung hat, wie sie begrenzt werden kann und muss. Eine Kontrolle, die selbst nur unter Geheimbedingungen stattfindet, ist sehr begrenzt wirksam. Da sehe ich dringenden Verbesserungsbedarf." Den Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der nach Bekanntwerden des Skandals von einem "Supergrundrecht" auf Sicherheit gesprochen hatte, kritisierte der Datenschutzbeauftragte mit den Worten: "Ich habe diese Äußerung nicht verstanden. Es gibt im Grundgesetz ein einziges Supergrundrecht, und das ist die Menschenwürde. Daran sollte man sich orientieren. Daraus leitet sich übrigens das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, also der Datenschutz, ganz wesentlich ab. Das bedeutet nicht, dass Sicherheit unwichtig ist. Aber sie steht nicht über allem." Schaar, der Ende des Jahres aus dem Amt scheidet, sagte gegenüber der "Berliner Zeitung" schließlich: "Es ist gut, dass sowohl bei uns als auch in anderen europäischen Ländern die Beunruhigung wächst. Das gilt auch für die USA. Es muss der Anspruch einer Demokratie sein, hier steuernd einzugreifen und die Überwachung zurückzufahren. Auch die Tätigkeit von ausländischen Nachrichtendiensten auf deutschem Boden, etwa im Rhein-Main-Gebiet, wo sich die wichtigsten Internetknoten befinden, muss geklärt werden." Die National Security Agency (NSA) ist derzeit dem Vernehmen nach in Darmstadt aktiv und baut ein Abhörzentrum auf dem Gelände der US-Armee in Wiesbaden-Erbenheim.
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