Reisen
Umfrage: Jeder dritte ÖPNV-Nutzer fühlt sich an Bahnhöfen bedroht
GDN -
Nahezu jeder dritte Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel in Deutschland fühlt sich auf Bahnhöfen oder an Haltestellen unsicher oder bedroht: In den Bussen und Bahnen selbst glaubt beinahe jeder Zehnte regelmäßig "weniger oder überhaupt nicht sicher" zu sein. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, das der "Welt" vorab vorliegt.
Die Bundespolizei, die für die Sicherheit im Bereich der Deutschen Bahn und dem DB-Netz zuständig ist, zählte zuletzt weniger offiziell erfasste Straftaten im öffentlichen Personenverkehr. "Dennoch spiegelt die Umfrage die tatsächlichen Erfahrungen der Fahrgäste wider. Häufig handelt es sich um Fälle von Belästigungen, Beleidigungen oder aggressivem Betteln. Das taucht in keiner Kriminalstatistik auf, führt aber dazu, dass sich die Betroffenen bedroht fühlen", sagt Oliver Malchow, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der "Welt". "Wir brauchen deutlich mehr Polizei vor Ort, die sichtbar und präventiv auftritt." Hans-Werner Franz, Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), fordert bundesweit schärfere Gesetze, die den Schutz von Fahrgästen in Bussen und Bahnen garantieren - und darüber hinaus ein einheitliches Alkoholverbot in allen öffentlichen Verkehrsmitteln und in den Bahnhöfen. "Mit entsprechenden Beförderungsbedingungen kriegt man das Problem nicht in den Griff, die werden nicht ernst genommen", so Franz gegenüber der Zeitung. Laut der Umfrage durch Forsa begleitet in den Bussen und Bahnen vor allem in Großstädten wie Berlin oder Hamburg viele Passagiere ein Gefühl latenter Bedrohung. Aber auch in Brandenburg oder Sachsen-Anhalt fährt in öffentlichen Verkehrsmitteln überdurchschnittlich oft die Angst mit. Zum Vergleich: Während in Baden-Württemberg 37 Prozent der Fahrgäste bei der Forsa-Befragung im März und April dieses Jahres angegeben hatten, sich "sehr sicher" zu fühlen, waren es in Brandenburg nur 16 Prozent. Dagegen schneiden die Bahnhöfe und Haltestellen in den Großstädten besser ab als in manchen Flächenländern. In Hamburg fühlen sich dort gar zwölf Prozent der Fahrgäste sehr gut aufgehoben, das ist ein Spitzenwert, in Berlin sind es immerhin acht Prozent. Hinzu kommen in beiden Städten jeweils rund 60 Prozent, die sich schlicht ungefährdet fühlen. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt ist dagegen das Sicherheitsgefühl eher gering. Als besonders gefährdet an Bahnhöfen und Haltestellen empfinden sich aber die Fahrgäste in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. An Rhein und Ruhr bekannten nur fünf Prozent der Befragten, sich beim Warten "sehr sicher" zu fühlen, ebenso viele gaben an, den Eindruck zu haben, dort "überhaupt nicht sicher? zu sein. Im Saarland erklärten gerade mal zwei Prozent der Nutzer, an den Stationen "sehr sicher" zu sein. Forsa hatte für die Umfrage im Auftrag des Lobbyverbandes Allianz pro Schiene mehr als 3.200 Menschen im Alter von 18 Jahren an aufwärts befragt. Demnach halten es 79 Prozent der Befragten zur Verbesserung der Situation für "sehr wichtig", dass Videoüberwachung in den Bussen und Bahnen eingesetzt wird und Personal in Dienstuniformen an Bord ist. Auch für die Bahnhöfe und Haltestellen fordert eine große Mehrheit der Fahrgäste mehr Sicherheitspersonal vor Ort. 91 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen Personal in der Nähe sehr wichtig sei. Dass geöffnete Geschäfte oder Kioske für mehr Sicherheit an Bahnsteigen oder Haltestellen sorgen können, glauben nur 58 Prozent der Befragten. Nach Einschätzung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) wäre die Einführung eines zentralen Registers, in dem alle Straftaten und Fälle von Bedrohung erfasst werden, ein erster Schritt, um den öffentlichen Personenverkehr sicherer zu machen. "Die Zahlen der Bundespolizei gelten nur für die Deutsche Bahn, wir brauchen aber Daten und Tendenzen für alle Busse und Bahnen im Land, um zu Lösungen zu kommen", sagt Reiner Bieck, Vorstand Personenverkehr bei der EVG, der "Welt". Der VBB bestätigt derweil den Forsa-Trend, wonach sich Jugendliche häufig besonders unsicher in öffentlichen Verkehrsmitteln fühlen. "Eine unserer Erhebungen hat ergeben, dass vor allem 13- bis 16-Jährige oft Opfer von Attacken sind", sagt VBB-Chef Franz. "Klar ist, dass wir subjektive Empfindungen wie die in der Forsa-Umfrage sehr ernst nehmen." GdP-Chef Malchow fordert, offensiver gegen Verwahrlosung und Vandalismus an Bahnhöfen, Stationen und den Fahrzeugen selbst vorzugehen. "Heruntergekommene Orte und Fahrzeuge sorgen automatisch dafür, dass sich Passagiere unwohl fühlen."
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