Sport
DFB-Präsident kritisiert Berater von Özil und Gündogan
GDN -
DFB-Präsident Reinhard Grindel hat die Berater von Özil und Gündogan wegen der Debatte um das Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan scharf kritisiert. "Auch ich war etwas ratlos, wie man überhaupt eine solche Situation herbeiführen kann", sagte Grindel der "Zeit".
Er sieht die Schuld bei den Beratern der beiden Fußballer. "Es war unverantwortlich, die Spieler in diesen schwer erträglichen Interessenkonflikt zu bringen." Den Vorwurf, der DFB habe das Thema mit seiner Fürsorge den Spielern gegenüber nur noch größer gemacht, will Grindel nicht auf sich sitzen lassen. "Glauben Sie ernsthaft, Mesut Özil und Ilkay Gündoğan seien unser wahres Problem in Deutschland? (…) Ilkay hat sich klar geäußert und wird trotzdem ausgepfiffen. Die Probleme, die hinter dem Unmut stecken, müssen tiefer liegen." Die Verantwortung trage laut Grindel nicht allein der DFB, sondern auch die Politik, die den Fußball zunehmend beeinflusse. "Angesichts der wieder verstärkten Zuwanderung nach 2015 nehmen die Menschen die Herausforderungen von Migration sensibler war. Insofern erwarten sie von unseren Spielern stärker als vielleicht in der Vergangenheit deutliche Bekenntnisse zu unserem Land und seinen Grundprinzipien. Deshalb hat das Foto mit Erdoğan so verstört, was unsere Spieler und vor allem ihre Berater falsch eingeschätzt haben." Integration bedeute nicht Assimilation. Das Thema sei komplexer. "Es ist doch ehrlich, wenn die beiden sagen, dass in ihrer Brust zwei Herzen schlagen und es nicht einfach ist, die immer vernünftig in Einklang zu bringen. So geht es vielen Deutschen mit türkischen Wurzeln in unserem Land." Daran ändere auch die Entscheidung für die Nationalmannschaft oder für die deutsche Staatsbürgerschaft nichts. "Eine Staatsbürgerschaft löscht doch keine Gefühle für Menschen in der Türkei aus, denen sie auch gerecht werden wollen." Außerdem äußerte sich Grindel als erster DFB-Präsident zur Schuld der Deutschen im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft in Argentinien 1978, die während der Militärdiktatur stattgefunden hat. Wäre er damals schon in der Verantwortung gewesen, hätten die Deutschen zwar auch teilgenommen. "Aber man hätte sich damals in Argentinien durch Gespräche mit Oppositionellen und Opfern des Regimes ein eigenes Bild von der Lage machen müssen – und zweifelsohne auch deutlich signalisieren sollen, dass man über die vier Eckfahnen des Fußballplatzes hinausschaut und wahrnimmt, in was für einem Land man dort Fußball spielt. Diese Schuld müssen wir heute tragen." Vom russischen Präsidenten Wladimir Putin erwartet Grindel, dass sich die Fans ohne Angst in Russland bewegen können – "unabhängig von der Frage, welcher Religion, Ethnie oder sexuellen Orientierung sie angehören. (…) Die Menschen sollen sich begegnen – und nicht nur die Mächtigen begeistern. Meinungs-, Demonstrations- und Pressefreiheit sind etwas, wozu sich auch Russland verpflichtet hat." Hier sei dann auch der Einfluss des DFB begrenzt. Die Russen bräuchten keinen deutschen Mannschaftskapitän, um auf bestimmte Missstände in ihrem Land aufmerksam zu werden. Das sei den Oppositionellen gegenüber arrogant. "Wir Deutschen sollten aufpassen, nicht ausschließlich mit mahnendem Zeigefinger umherzulaufen", so Grindel.
Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von GDN können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.